Fingerrechnen – Was Eltern wissen sollten: Vom Nutzen bis zum Loslösen

Mein Kind rechnet mit den Fingern – ist das normal?

Viele Eltern kennen diese Situation: Ihr Kind sitzt vor den Mathehausaufgaben, zählt mit den Fingern und löst so Schritt für Schritt die Aufgabe. Vielleicht fragen Sie sich dabei: „Ist das in Ordnung? Sollte mein Kind nicht längst ohne Finger rechnen?“ Die Antwort ist: Ja, das ist vollkommen normal – zumindest in den ersten Jahren. Doch spätestens, wenn Ihr Kind in die höheren Klassen wechselt, sollten Sie es dabei unterstützen, sich von den Fingern zu lösen. Besonders bei Kindern mit Lernstörungen wie Dyskalkulie kann dieser Schritt sensibel sein und erfordert einfühlsame Unterstützung.

Warum Fingerrechnen hilfreich ist – und warum es nicht verboten werden sollte

„Mein Kind zählt mit den Fingern ab“ – ein Satz, der bei Eltern oft Besorgnis auslöst. Dabei ist Fingerrechnen in der frühen Entwicklung ein ganz natürlicher und sogar wertvoller Schritt. Studien zeigen, dass das Zählen mit den Fingern dazu beiträgt, ein grundlegendes Mengenverständnis aufzubauen. Gerade in den ersten Jahren der Grundschule, wenn Addition und Subtraktion neu sind, bieten Finger visuelle und motorische Unterstützung.

 

Wichtig: Das Zählen mit den Fingern sollte nicht einfach verboten werden. Stattdessen ist es entscheidend, Kinder schrittweise zu ermutigen, sich andere Strategien anzueignen, um langfristig ein sicheres Rechnen ohne Finger zu ermöglichen.

Eine Erfolgsgeschichte aus meiner Praxis: Vom Fingerrechnen zur Selbstständigkeit

M. war in der dritten Klasse, als sie vor einigen Jahren zu mir kam und hatte große Schwierigkeiten, sich vom Fingerrechnen zu lösen. Ihre Mutter war besorgt, dass M. bei jedem Rechenschritt ihre Finger benutzte und dadurch langsamer und unsicherer wurde – besonders in Testsituationen. Selbst bei simplen Aufgaben wie „5 + 3“ mussten ihre Finger herhalten. Dies führte nicht nur zu Frustration bei M., sondern auch zu Unsicherheit und einer hohen Fehleranfälligkeit, wenn sie in der Schule unter Zeitdruck stand.

In unseren Sitzungen nutzten wir eine besondere Methode, die M. half, sich schrittweise von ihren Fingern zu lösen und stattdessen ein sicheres Zahlenverständnis aufzubauen. Dabei setzte ich unter anderem auf eine Übung mit Steckwürfeln, die M. nicht nur Spaß machte, sondern auch schnell spürbare Fortschritte brachte. Die visuelle und haptische Unterstützung der Würfel half ihr, Mengen innerlich zu visualisieren und erste Aufgaben ohne Finger zu lösen.

Ihre Mutter war begeistert, wie schnell M. dadurch Sicherheit im Rechnen gewann. Nach wenigen Wochen berichtete sie stolz, dass M. bei den Hausaufgaben inzwischen kaum noch auf ihre Finger schaute und viel selbstständiger arbeitete.

 

 

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Wann und warum Fingerrechnen abgelöst werden sollte

Wenn Kinder dauerhaft mit den Fingern rechnen, kann dies auf Dauer die Entwicklung des abstrakten Denkens und das schnelle Abrufen von Rechenergebnissen behindern. Besonders Kinder mit einer Rechenschwäche oder Dyskalkulie laufen Gefahr, in einem „Zählmodus“ zu bleiben, anstatt alternative Lösungsstrategien zu entwickeln. Der richtige Zeitpunkt für den Übergang vom Fingerrechnen zum automatisierten Rechnen ist individuell – achten Sie auf die Bedürfnisse und Fortschritte Ihres Kindes.

Wie Sie Ihr Kind vom Fingerrechnen lösen können

Hier sind praktische Tipps, wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen können, Fingerrechnen durch effektive Methoden zu ersetzen:

 

 1.  Fingerrechnen anfangs erlauben

 Fingerrechnen gibt Kindern Sicherheit. Es hilft ihnen, Zahlen zu begreifen und ein erstes Gefühl für Mengen zu entwickeln. Akzeptieren Sie diesen Schritt und nutzen Sie ihn als Basis für weitere Fortschritte.

 

 Grundlagen:

 

 2.  Mengen sichtbar machen

 Ersetzen Sie das Zählen mit den Fingern durch anschauliche Mengenbilder. Beispiel: Ein Zahlenfeld mit fünf roten und drei blauen Punkten verdeutlicht „5 + 3“. So lernt Ihr Kind, Mengen auf einen Blick zu erkennen.

 

 3.  Materialien nutzen

 Fördern Sie das Verständnis durch Lernmaterialien wie Wendeplättchen, Steckwürfel  oder die Zahlenhexe. Lassen Sie Ihr Kind mit diesen Hilfsmitteln experimentieren und stellen Sie Fragen wie:

 „Was passiert, wenn wir zwei Kugeln dazu nehmen?“ oder

 „Wie viele haben wir jetzt insgesamt?“

 

 4.  Vorstellungsvermögen trainieren 

Ein Sichtschutz ist hierbei ein hilfreiches Werkzeug: Legen Sie eine Aufgabe mit passendem Material hinter dem Sichtschutz, beschreiben Sie laut, was sie genau tun und bitten Sie Ihr Kind, die Lösung im Kopf zu berechnen. Die Kontrolle erfolgt durch das Wegnehmen des Sichtschutzes.

Alle Empfehlungen ab hier: Nur anwenden, wenn die Grundlagen sicher sind

 

Die nachfolgenden Empfehlungen setzen voraus, dass Ihr Kind die grundlegenden Rechenoperationen wie Addition und Subtraktion verstanden hat und über eine ausreichend ausgeprägte visuelle Vorstellungskraft verfügt. Das bedeutet, Ihr Kind sollte in der Lage sein, Mengen innerlich zu visualisieren und Aufgaben zumindest teilweise im Kopf zu lösen, ohne auf Finger oder Hilfsmaterialien zurückzugreifen. Falls dies noch nicht der Fall ist, empfehle ich, zunächst weiter an den Grundlagen zu arbeiten und die visuelle Wahrnehmung sowie das Zahlenverständnis gezielt zu fördern.

5. Blitzrechenaufgaben einführen

Schnelligkeit und Übung sind entscheidend. Nutzen Sie einfache Karteikarten oder die Klett Zahlenkarten um das schnelle Abrufen von Ergebnissen zu fördern. Für eine Minuten werden dann schnell nacheinander Aufgaben präsentiert, die das Kind möglichst schnell lösen soll.

 

6. Rechengeschichten aus dem Alltag

Mathe wird greifbar, wenn sie in Alltagssituationen eingebunden wird:

„Tom hat drei Äpfel, Lena gibt ihm zwei dazu. Wie viele hat Tom jetzt?“ Solche Geschichten erleichtern das Verständnis und machen Mathe lebendig.

 

7. Strategisches Denken anregen

Fragen Sie Ihr Kind nach seiner Technik:

„Wie bist du auf die Lösung gekommen?“ oder
„Wie könntest du das anders rechnen?“
„Kennst du eine Aufgabe, wo das gleiche Ergebnis rauskommt?“

So fördern Sie ein tieferes Zahlenverständnis und das Finden von Alternativen.

 

8. Spielerisches Lernen mit Rechenspielen

Spiele wie das Ruckzuck Mathespiel oder Rechnen bis 20 motivieren und machen Spaß. Diese Spiele nutze ich für abwechslungsreiches Üben auch in meiner Lernpraxis.

Fazit: Mit Geduld und Struktur vom Zählen zum Rechnen

Kinder mit Dyskalkulie neigen oft dazu, länger mit den Fingern zu rechnen. Der Grund dafür ist meist ein verzögertes Verständnis von Zahlen. Doch es gibt gute Nachrichten: Mit gezielten Übungen und multisensorischen Ansätzen (haptisch, visuell, motorisch) können auch Kinder mit Rechenschwäche Fortschritte machen.
 

Das Ablösen vom Fingerrechnen ist ein Prozess, der Zeit, Geduld und Unterstützung erfordert. Anstatt Druck auszuüben, sollten Eltern ihr Kind ermutigen und gezielt fördern. Mit den richtigen Methoden und etwas Übung wird es Ihrem Kind gelingen, vom Zählen mit den Fingern zum automatisierten Rechnen zu wechseln.


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